BfK-Statement zum „Integrierten Stadtentwicklungskonzept 2030 (ISEK 2030)“

Der Verein BÜRGER FÜR KALTENWEIDE e.V. (BfK) möchte die Möglichkeit der Beteiligung zur Vorbereitung des Flächennutzungsplanes gemäß § 3 Absatz 1 BauGB i.V.m. § 3 PlanSiG wahrnehmen. Es wird hier ausdrücklich mitgeteilt, dass sich die weiteren Ausführungen und Bedenken ausschließlich auf Kaltenweide beziehen.

Grundsätzlich begrüßen wir, dass mit dem ISEK 2030, anstatt wie im ISEK 2011, nunmehr von einem Bevölkerungswachstum ausgegangen wird. Alleine Kaltenweide ist in dem Jahren 2009 bis 2019 um fast 2.000 auf 8.054 Einwohner (E) gestiegen.

Die aktuellen Bauvorhaben, bzw. Bauvorhaben, die 2020 abgeschlossen wurden (auf beiden Seiten des Kaltenweider Bahnhofes) und den damit hervorgehenden weiteren Einwohnerwachstumszahlen sind damit noch nicht berücksichtigt.

ISEK 2030 geht davon aus, dass in Kaltenweide insgesamt weitere 644 Wohneinheiten (WE) gebaut werden könnten, realisierbar allerdings 430 Wohneinheiten. Bei einer für Kaltenweide errechneten durchschnittlichen Personenzahl von 3,5 Einwohnern/ Wohneinheiten ergibt dies ein Wachstum von 1.505 Einwohnern bei 430 Wohneinheiten und 2.254 Einwohner bei 644 Wohneinheiten. Somit ist entsprechend ISEK 2030 mit mindestens 9.559 bis 10.308 Einwohnern zu rechnen, die Einwohner, die am Bahnhof in die Wohnungen gezogen sind, sind nicht mitberücksichtigt, wobei hier noch von weiteren 340 Einwohnern auszugehen ist.

Schon 2015, somit zu einem Zeitpunkt mit einer geringeren Einwohnerzahl, hat der BfK auf diverse infrastrukturelle Probleme in Kaltenweide hingewiesen. Nachfolgende Punkte sind 2015 ausführlich erläutert worden.


Ärztemangel:

Insbesondere die hier ansässige Kinderarztpraxis ist völlig überlastet. Die Hausarztpraxis ist ebenfalls ausgelastet, die Situation bei der Kinderarztpraxis jedoch weitaus problematischer, sodass ein Aufnahmestopp von neuen Patienten besteht. Es müssen Kinderärzte in der Wedemark, Kernstadt Langenhagen etc. aufgesucht werden, wobei dieses ebenfalls nicht problemlos möglich ist, da auch dort teilweise keine neuen Patienten behandelt werden. Da u.a. bei den Wohneinheiten am Bahnhof damit geworben wurde, dass ein eigenes Kfz nicht notwendig sei, da der ÖPNV direkt vor der Tür sei und alle Bedarfe des täglichen Lebens direkt vor Ort seien, ist dies nicht nachvollziehbar.

Ein weiteres Wachstum führt zu einem weiteren Fehlbedarf, der hier in Kaltenweide nicht gedeckt werden kann. Natürlich ist bekannt, dass die Stadt Langenhagen keine Ärzte zwingen kann hier eine Praxis zu eröffnen, bzw. in die Entscheidungshoheit der Ärztekammer eingreifen kann, aber: in anderen Kommunen werden Anreizsysteme durch die Kommune geschaffen, damit sich Ärzte vor Ort niederlassen.

Langenhagen ist hier nicht tätig geworden, um insbesondere Kinderärzte, aber auch Hausärzte nach Kaltenweide zu locken. Neue Arztpraxen wurden in den realisierten Neubauten nicht eingeplant.

Im Übrigen zählt zu dem Ärztemangel auch u.a. der Mangel an Physiotherepiepraxen etc., die auch massiv ausgelastet ist, sodass trotz Rezepte Wartezeiten von 3 Monaten für die erste Behandlung nicht unüblich sind.

Eine höhere Einwohnerzahl führt zu weiteren Engpässen und Fehlbedarfen.

Im Übrigen wurde dieser Aspekt bei dem 1. Termin der Bürgerbeteiligung von unserer Seite vorgetragen. Im Protokoll wird dazu nur auf die fehlende Zuständigkeit verwiesen und darauf, dass sich der Markt selbst regeln würde. Diese Problematik wird im ISEK 2030 nicht einmal aufgegriffen.


ÖPNV- Auslastung:

Schon 2015 hat der BfK darauf hingewiesen, dass die Schulbusse insbesondere morgens zu voll sind. Es wird in den Morgenstunden mittlerweile ein weiterer Bus eingesetzt. Dies führt zwar zu einer Entlastung, aber immer noch dazu, dass morgens, aber auch am Nachmittag, die Busse weiterhin sehr voll sind. Bei weiteren Einwohnern in Kaltenweide wird die Schulbussituation erneut wieder inakzeptabel werden.

Die S-Bahn Linie „S4“ ist bei der aktuellen Einwohnerzahl morgens zwischen 07:00 Uhr- 08:30 Uhr so ausgelastet, dass das Finden eines Sitzplatzes illusorisch ist. Der S- Bahnverkehr ist morgens und am Nachmittag vom Hauptbahnhof Hannover in Richtung Bennemühlen sehr voll.

Eine Verkürzung der Taktzeiten ist nach hiesigem Kenntnisstand aufgrund des Kopfbahnhofes in Bennemühlen nicht möglich. Bislang ist hier keine Entlastung erfolgt. Eine weitere Erhöhung der Einwohnerzahl führt von der aktuellen Überlastung während des Berufsverkehrs zu einer absoluten Überlastung.

Auch hierauf hat der BfK bei der Bürgerbeteiligung hingewiesen. Im ISEK selbst wird nur auf die Stärkung des ÖPNVs hingewiesen. Wie und in welcher Form dies hier noch möglich sein soll nicht.


Verkehr:

Der BfK hat bei der o.a. Veranstaltung auf den starken Verkehrsfluss hingewiesen, insbesondere auf den Rückstau teilweise bis zum Kreisel (Altenhorster Strasse / Weihefeldallee), wenn die Bahnschranken geschlossen sind. Hier wird im ISEK nur auf den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) verwiesen und dass keine aktuellen Probleme bekannt seien. Dies ist für uns nicht nachvollziehbar.

Der VEP ist hier nicht bekannt. Bekannt ist uns Einwohner in Kaltenweide aber, dass, insbesondere im Berufsverkehr, es zu langem Rückstau bis zu den Kreiseln bei den heruntergelassenen Schranken kommt. Diese Situationen sind oft sehr gefährlich. Durch die geplante Bebauung in Weiherfeld Nordost wird sich die Situation stark verschärfen.

Bislang ist seitens der Verwaltung zur Entspannung der Situation keine Maßnahme ergriffen worden.

Eine Steigerung der Einwohnerzahl führt hier definitiv zu weiteren Überlastungen der Straßen bzw. Verschärfung der gefährlichen Situationen, insbesondere am Kreisel.

Irritierend ist es gewesen, dass der Ausbau der Fahrradwege, welches hier als sehr sinnvoll erachtet wird, einen sehr großen Raum im ISEK eingeräumt wurde, dem ÖPNV und dem Straßenverkehr überhaupt keinen Raum und Wertigkeit gegeben wurde.


Kinderbetreuung (Hort /Kita):

Im ISEK 2030 wird auf einen höheren Bedarf verwiesen, der mit einem Neubau auf dem Feuerwehrgelände gedeckt werden könne. Da hier eher Planungen für eine Erweiterung der Grundschule Kaltenweide vorgesehen ist, ist nicht ersichtlich, wie der Bedarf an Kitaplätzen dadurch gedeckt werden kann.

Aktuell gibt es durch das Kinderhaus keinen nennenswerten Fehlbedarf. Bei einer Erhöhung der Einwohnerzahl ist aber mit einem höheren Bedarf auszugehen, der nicht gedeckt werden kann s.o..


Grundschule Kaltenweide:

Das ISEK 2030 spricht davon, dass die Grundschule eine hohe Auslastung habe und ab 2025 dringend weitere Wohneinheiten geschaffen werden müssten, damit die Grundschule ausgelastet sei.

Diese Aussage ist schlichtweg katastrophal. Die Grundschule ist nicht hoch ausgelastet, sie ist überlastet. Es sind seit mindestens 6 Jahren fast durchgängig 5- zügige Jahrgänge vorhanden, wobei eine 4- Zügigkeit nach dem Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG) die maximale Größe ist und eine 5- Zügigkeit nur in Ausnahmefällen möglich ist. Bei einer Steigerung der Einwohnerzahl ist hier von einer durchgängigen Überlastung der Grundschule auszugehen. Dies ist absolut nicht tragbar. Die Grundschule hat auf Dauer den gesetzlichen Rahmen mit einer 4 Zügigkeit aufzuweisen.

Die Steigerung der Einwohnerzahl ist für die Grundschule nicht hinnehmbar.

Merkwürdig ist hier auch die Aussage im ISEK, dass die Grundschule Krähenwinkel langfristig als Ausgleichsschule für die Hermann-Löns-Schule gelten soll. Dabei bildet die Grundschule Krähenwinkel mit der Grundschule Kaltenweide ein Einzugsgebiet.


Weiterführende Schulen:

ISEK 2030 verweist darauf, dass die in Langenhagen vorhandenen weiterführenden Schulen für die Ausweitung der Einwohnerzahlen ausreichend vorhanden sind. Worauf diese Annahme beruht, ist nicht nachvollziehbar. Aktuell sind die weiterführenden Schulen ausgelastet, aber wenigstens nicht überbelastet.


Fazit des BfK zum ISEK 2030:

Aus den o.g. Gründen, die darlegen, dass Kaltenweide aktuell nicht die Infrastruktur für eine Steigerung der Einwohnerzahl aufweist, ist der BfK der Meinung, dass die ausgewiesenen möglichen Wohnbebauungsflächen aus dem ISEK 2030 herausgenommen werden sollten. Eine Steigerung der Einwohnerzahl kann aktuell Kaltenweide nicht verkraften. Nach unserer Ansicht wird der schöne Stadtteil Kaltenweide dadurch „kaputtgebaut“ werden.

Bezüglich der ausgewiesenen Bebauungsflächen wird darauf hingewiesen, dass diese nicht alle nachvollzogen werden können.

Auf der einen Seite besagt ISEK 2030, dass insbesondere landwirtschaftliche Betriebe geschützt werden sollen, andererseits ist die ausgewiesene Fläche 7 des Landwirtes Reßmeyer als Wohnbebauungsreserve vorgesehen. Es soll damit einem alteingesessenen Landwirt die Existenzgrundlage entzogen werden? Makaber.

Die ausgewiesene Flächen 9 (zur Hälfte) und 10 sind die gepachteten Freilaufflächen und Futterflächen des Landwirtes Wolkenhauer. Frau Wolkenhauer hat auf der o.a. Veranstaltung auf die Flächen hingewiesen, dass diese für Futter, auch Winterfutter, genutzt werden. Im ISEK 2030 wird nicht auf diese Bedenken eingegangen. Auch hier wird wieder ein alteingesessener Landwirt und damit die Einschränkungen von einem landwirtschaftlichen Betrieb, durch geplante Wohnbebauung verdrängt. Dies kann unseres Erachtens nicht mit der Prämisse des ISEKs, dass landwirtschaftliche Betriebe geschützt und gestützt werden sollen, einhergehen.

Im Rahmen des Umweltschutzes wird im ISEK 2030 die Stadt Langenhagen aufgefordert zu prüfen, ob die Zulassung des Kiesabbaus der Firma FBT Fertigbeton- und Transport GmbH & Co.KG am Kiebitzkrug entzogen werden kann. Auch hier soll wieder eine alteingesessene Firma verdrängt werden. Zeitgleich werden aber die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die teilweise unter Landschaftsschutz stehen bzw. gestanden haben, zur Wohnbebauung herangezogen. Dies widerspricht sich und ist nicht nachvollziehbar.

Im ISEK 2030 selbst steht, dass immer eine individuelle Prüfung der Standorte einschließlich der Besonderheiten vor Ort erfolgen soll. Leider wurde eine solche Prüfung anscheinend in Kaltenweide nicht vorgenommen. Die hier aufgeführten Diskrepanzen sind nicht erklärbar. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Kaltenweide selbst den Gutachtern anscheinend nicht wirklich bekannt ist, ist die Tatsache, dass der Kaltenweider Markt am Donnerstag als „etabliert“ bezeichnet wird. Es sind lediglich 2- 3 Stände vorhanden und das seit Jahren. Leider konnte sich der Markt hier nicht etablieren.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ISEK 2030 den Anschein erweckt, dass für Kaltenweide nur ein Lageplan genommen wurde und anhand diesem, Flächen für Wohnbebauung herangezogen wurden, ohne Berücksichtigung der Einwände der Einwohner in der 1. Veranstaltung und ohne Einbeziehung der massiven vorliegenden infrastrukturellen Probleme hier vor Ort.

Ohne vorherige Beseitigung der infrastrukturellen Probleme hier in Kaltenweide ist eine weitere Steigerung der Einwohnerzahl nicht zielführend. Der Ort Kaltenweide würde dadurch “kaputt erweitert“ werden.

Nach der Beseitigung der infrastrukturellen Probleme, die der Verwaltung und auch der Lokalpolitik schon seit Jahren bekannt sind, aber nicht einmal ansatzweise angefangen wurde zu begleichen, steht unseres Erachtens eine weitere Bebauung nichts im Wege.

Bei der Ausweisung der dann benötigten Flächen ist es unerlässlich, dass die alteingesessenen Landwirte nicht Ihrer Existenz beraubt oder eingeschränkt werden. Kaltenweide hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdreifacht. Die alteingesessenen Bewohner dürfen weder verdrängt werden noch deren Existenz bedroht werden.

ISEK 2030 sieht konkrete Planungen bis 2030 vor. Da die infrastrukturellen Probleme nicht einmal ansatzweise angegangen wurden, ist eine Realisierung der Bebauung bis 2030 nicht möglich, sodass hier darum gebeten wird, dass die Wohnraumbebauung in Kaltenweide nicht mit im ISEK 2030 aufgenommen wird, sondern herausgenommen wird.


ISEK 2030 – Informationen auf Langenhagen.de

Informationen zum ISEK 2030 gibt es auf der Webseite der Stadt Langenhagen unter: https://www.langenhagen.de/index.phtml?mNavID=1620.274&sNavID=1620.274&La=1

Hinweise zum Einbringen von Einwänden gegen ISEK 2030:

Wer Einwände gegen das ISEK einbringen möchte, erhält unter nachfolgendem Link entsprechende informationen: https://www.langenhagen.de/index.phtml?La=1&ffsn=false&object=tx,1620.10613.1&kat=&kuo=2&sub=0

Wichtige ISEK 2030 – Dokumente