Stadtbaurat beantwortet BfK-Fragen sehr ausführlich

Langenhagens Stadtbaurat Carsten Hettwer auf dem BfK sehr ausführlich auf die Fragen zu einer Neuentwicklung bzw. Renaturierung der Flächen einer alten Gärtnerei an der Kananoher Strasse, am Ortsausgang Kaltenweides in Fahrtrichtung Resse geantwortet.

Die Antwort möchten wir an dieser Stelle veröffentlichen und gleichzeitig Carsten Hettwer für die sehr ausführliche und umfangreiche Antwort bedanken!


III/61                                                                                                  29.04.2020

Az. 61.22.41. ISEK

Anfrage Ortsrat/Ortsbürgermeister Kaltenweide und „Bürger für Kaltenweide“ zum Grundstück

„Kananoher Straße – Alte Gärtnerei“ –

Zu den Fragestellungen in der Emails vom 19.04.2020 ist folgendes festzustellen:

1. Bestandssituation

Das beschriebene Bestandsgrundstück der ehemaligen Gärtnerei Holicki ist dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen. Demzufolge war diese Nutzung dort nur deshalb zulässig, weil sie i. S. von § 35 BauGB als sog. privilegierte Nutzung als „Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung“ einzustufen war.

Baurechte für Wohngrundstücke können daraus nicht abgeleitet werden und sind im Außenbereich grds. unzulässig.

2. Städtebauliche Rahmenbedingungen

Das bezeichnete Grundstück ist über eine Zufahrt von der Kananoher Straße erschlossen, das Gleiche gilt für die anderen bestandsgeschützten Einzelgrundstücke.

Das Gärtnereigrundstück liegt außerhalb der Ortsdurchfahrt von Kaltenweide an der Kreisstraße K 310, die sich im Zuständigkeitsbereich der Region Hannover befindet. Demzufolge sind weitere neue Zufahrten gemäß Niedersächsischen Straßengesetz vom Grundsatz her nicht zulässig, weitergehende Planungen wären mit dem Straßenbaulastträger der Region Hannover abzustimmen.

Die bezeichneten Grundstücke im Außenbereich sind für Fußgänger und Radfahrer derzeit nicht gesichert erreichbar, da ein ausgebauter Gehweg nur südlich der Kananoher Straße an der Einmündung in die Straße „Auf der Heide“ endet. Ein weiterer Ausbau des Gehweges in westlicher Richtung erscheint außerhalb der Ortsdurchfahrt nicht möglich, u.a. weil sich dort ein Graben befindet, der überbaut werden müsste. Anderenfalls müssten private Grundstücksflächen in Anspruch genommen werden.

Nördlich an das Grundstück angrenzend beginnt das Landschaftsschutzgebiet (LSG), die nordwestliche Teilfläche des Grundstücks selbst liegt bereits im LSG. Die übrigen Grundstücksflächen liegen außerhalb des LSG.

Die Entfernung des Gärtnereigrundstücks zum S-Bahnhaltepunkt „Kaltenweide“ beträgt zwischen ca. 1.800 m und 2.250 m fußläufig. Eine annähernd gleiche Entfernung besteht zum Ortszentrum von Kaltenweide – Weiherfeld. Die Entfernung zur Grundschule beträgt zwischen 1.100 m und 1.400 m, gleiches gilt in etwa zur nächstgelegenen Kita.

Eine SW-Leitung ist bis auf Höhe des Grundstücks Kananoher Straße 64 vorhanden, bei der Planung von weiteren Bauflächen muss jedoch geprüft werden, ob diese an den bestehenden Kanal angeschlossen werden können. Eine RW-Leitung ist nicht vorhanden. Zu anderen Versorgungsleitungen liegen keine aktuellen Daten vor.

Die Fläche ist bei der Region Hannover, Bodenschutzbehörde aufgrund der bestehenden Nutzung als potentielle Altablagerungsfläche gekennzeichnet. Inwieweit konkret Altablagerungen bzw. Altlasten vorhanden sind, muss über entsprechende Gutachten genauer untersucht werden.

3. ISEK – Beteiligungsprozess:

Nachfolgend wird zusammenfassend auf die bisherigen Teilschritte des öffentlichen ISEK – Beteiligungsverfahrens hingewiesen, in dem stufenweise die erarbeiteten Zwischenschritte vorgelegt und zur Diskussion gestellt wurden. Dieses bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Vorschläge von potenziellen Wohnbau- und Gewerbepotenzialflächen.

Lokale AG I – Mitte                      07.02.2019
Lokale AG I – Nord                       20.02.2019    
Lokale AG I – West                       28.02.2019
Workshop Gesamtstadt               01.07.2019
Beschlussdrucksache                   09.09.2019

Ratsbeschluss zum Zwischenbericht mit Steckbriefen der Wohnbaupotenzialflächen

Lokale AG I – Nord                       20.01.2020
Lokale AG I – West                       28.01.2020
Lokale AG I – Mitte                      04.02.2020

Zu allen Terminen liegen umfangreiche Informationen auf der Internetseite der Stadt Langenhagen unter dem Stichwort Integriertes Stadtentwicklungskonzept/ Fortschreibung vor.

Bezogen auf das genannte Grundstück an der Kananoher Straße ist es unzutreffend, dass dieses im bisherigen ISEK-Prozess nicht thematisiert bzw. untersucht wurde. Bereits in der ersten Lokalen AG – Nord  wurde die Anregung gegeben, die genannte Fläche zu betrachten. Dieses ist im anschließenden Prozess erfolgt. Die Zwischenergebnisse wurden in einer Präsentation im Mai 2019 dem Stadtplanungs-, Bau- und Umweltausschuss vorgestellt. Für die Entwicklung der Fläche Nr. 12 (siehe Grafik aus der Präsentation) wurde keine gutachterliche Empfehlung gegeben.

Ausschnitt Präsentation Stadtplanungs-, Bau- und Umweltausschuss am 06.05.2019

Auch im nachfolgenden Workshop „Gesamtstadt“ am 01.07.2019, in den die bis dahin erarbeiteten Ergebnisse eingebracht und zur Diskussion gestellt wurden, wurde die betreffende Fläche benannt.

Ausschnitt Präsentation Workshop Gesamtstadt am 01.07.2019

Die hell rot markierten Flächen 12, 13 und 14 wurden gutachterlich nicht zur weiteren Betrachtung empfohlen.

Ausschnitt Ergebnisdokumentation des Workshops Gesamtstadt am 01.07.2019, darin die Bewertung der Workshopteilnehmer zu den einzelnen Flächenpotenzialen: Die Fläche 12 „Alte Gärtnerei“ wurde (überwiegend) nicht zur weiteren Entwicklung empfohlen.

Als Ergebnis des ISEK –Prozesses bis zu diesem Zeitpunkt wurde seitens des Gutachters dargelegt, dass der prognostizierte Bedarf an Wohnraum mit den (vom Gutachter) vorgeschlagenen Entwicklungsflächen vollumfänglich nachgewiesen werden kann. Darin inbegriffen ist bereits ein Zuschlag von 75% als Handlungsreserve. Es gab daher nicht die Notwendigkeit, weitere weniger geeignete Flächen einzubeziehen.

4. Städtebauliche Bewertung | Fazit:

Die Fläche für sich allein betrachtet weist bereits aufgrund ihrer dezentralen Lage ohne direkten Bezug zum Ortskern von Kaltenweide keine günstigen Voraussetzungen auf, um diesen städtebaulich sinnvoll weiter zu entwickeln. Weiterhin negativ zu bewerten ist die Tatsache, dass zu den wichtigen Infrastrukturen wie S-Bahnhaltepunkt und Einkaufszentrum Weglängen von mehr als 2000 m zustande kommen. Diese sind im Vergleich zu anderen möglichen Entwicklungsflächen deutlich zu lang. Eine Entwicklung der Flächen der alten Gärtnerei widerspricht schon deshalb dem Grundsatz, eine kompakte Siedlungsentwicklung mit kurzen Wegen zu unterstützen.

Der nordwestliche Teil des Grundstücks liegt im Landschaftsschutzgebiet, was per se eine bauliche Nutzung verhindert. Zudem ist die mögliche Erschließung eingeschränkt, da weitere Zufahrten von der Kreisstraße – außerhalb der Ortsdurchfahrt – nur mit Zustimmung der Region Hannover möglich sind.

In der städtebaulichen Gesamtbetrachtung dieses „Entwicklungswunsches“ schneidet diese Fläche im Vergleich zu anderen Entwicklungsoptionen sehr schlecht ab. Eine Steigerung der Attraktivität des Ortsteils durch gerade diese Flächenentwicklung kann nicht nachvollzogen werden.

Es ist letztlich eine Abwägung zwischen den verschiedenen diskutierten Flächen, für welche Flächenoptionen man sich sinnvollerweise entscheidet. Denn eine Entwicklung aller in Betracht gezogenen Flächen schließt sich schon deshalb aus, weil ansonsten die vorhandene soziale Infrastruktur überlastet werden würde. Gleichzeitig weisen aber die nach derzeitigem Stand vorgeschlagenen Wohnbaupotenzialflächen einen ausreichenden Handlungsspielraum bis zum Jahr 2030 auf, so dass ein Rückgriff auf weniger geeignete Flächen wie diese nicht erforderlich ist.

Dieses schließt nicht aus, dass nach 2030 ggf. diese Fläche wieder in den Fokus gerückt wird/ werden muss/ werden kann.

Aufgrund der organischen Flächenstruktur des bestehenden Ortsteiles macht es aus städtebaulicher Sicht zum heutigen Zeitpunkt keinen Sinn, diesen jenseits der Autobahn in größerem Umfang in der Fläche fortzuentwickeln. Vielmehr sollte bei einer weiteren Flächenentwicklung in Kaltenweide weiterhin die Kompaktheit des Ortes östlich der Autobahn im Auge behalten werden.

Ergänzend soll noch auf die Frage nach einem Rückbau in Verbindung mit einer Renaturierung des Grundstücks eingegangen werden. Nur wenn für die Öffentlichkeit – also im Übergang von privaten Flächen zu öffentlichen Flächen, Plätzen etc. – eine Gefahr für Leib und Leben bestehen würde, gäbe es Eingriffsmöglichkeiten der Baubehörde. Dies gilt für das bezeichnete Grundstück derzeit nicht. Für die Verkehrssicherheit auf dem Grundstück selbst trägt der Eigentümer die Verantwortung.